Malort Holzkirchen
Arno Stern, der Begründer des Malortes, bezeichnet ihn als Traumland
Als ich das erste Mal diesen Ort betrat, strahlten mir die Farbspuren entgegen, die Malende in den Monaten seit Bestehen des Malortes hinterlassen hatten, farbige Spurenreste auf warmen, braunen Packpapier. Danach fällt mein Blick auf den Palettentisch, der mitten im Raum steht und die vielen leuchtenden Farben erwecken sofort meine Mallust. Mit welcher Farbe will ich beginnen?
Ich hole ein weißes Papier, wähle einen Platz und die Malortdienende
befestigt das Papier mit Reißnägeln an der Wand. Ich wähle eine Farbe
und beginne zu malen.
Es gibt keine Vorgaben, jeder malt, was er möchte, was ihm in den Sinn
kommt.
Leicht gleitet der Pinsel über das Papier, hinterlässt meine ersten
Spuren. Wenn die Farbe erschöpft ist, hole ich neue, wähle einen
anderen Farbton, der mir passend erscheint.
Ich genieße es, welche Formen und Farben sich finden.
Es gibt niemanden, der mich kritisiert, der korrigiert, bewertend
eingreift in meinen Malprozess oder der lobt, was ich tue. Und doch
nehme ich die Präsenz der Malortdienenden war, die auch meinen
Malprozess begleitet. Ich fühle mich von ihr gesehen und betreut,
anders, ohne belehrende Äußerungen.
Sie kommt, wenn ein Reißnagel versetzt werden muss, ich ein neues
Papier befestigen will, Mischfarben wünsche oder die Farbe ungewollt
läuft.
Dieser Ort ist friedlich und ich genieße das Malen. Es erfüllt mich
mit Freude. Hier gibt es kein Ergebnis, wo es hin gehen soll, keinen
Kunstanspruch, der erfüllt werden muss.
Wenn ich am Palettentisch neue Farbe hole, begegne ich anderen
Malenden und wenn sich unsere Blicke treffen, sehe ich das Leuchten in
ihren Augen. Auch sie genießen diese Freiheit.
Wo gibt es die noch in unserer leistungsbetonten Gesellschaft.
Manchmal höre ich die Kinder, die hier und da ihre Bilder mit
spontanen Äußerungen begleiten und ich freue mich für sie, dass sie
erleben können, dass ihre Bilder so wie sie sind, richtig sind, ohne
Wenn und Aber, dass sie das Malen einfach genießen dürfen, dass wir
dies gemeinsam erleben, groß und klein, in einem wettbewerbsfreien
Raum.
Da ertönt die Stimme der Malortdienerin: „Die Stunde ist gleich zu
Ende. Wir müssen jetzt aufhören“.
Ein Mädchen ruft: „Was, schon?“
Auch ich bin überrascht, wie schnell die Zeit verflogen ist.
Beglückt staune ich darüber, was in diesen 90 Minuten alles
entstanden ist.
Allmählich beginne ich zu verstehen, was Arno Stern mit Traumland
meint: Es ist ein Spiel, eine Reise, ein Abenteuer.
Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Malspiel.